Leserzuschrift, Ausgabe 3/2020

RADFAHREN – Gemeinsam Natur erleben

Zum Beitrag: „Dem Springkraut zu Leibe rücken“

Bezug nehmend auf Ihren Artikel in Ausgabe 03/2020 der Zeitschrift des Schwarzwaldvereins „Dem Springkraut zu Leibe rücken“ möchte ich hier eine andere Sichtweise aufzeigen:

Balsaminen – Balsam für die Bienen… oder Kriegserklärung gegen eine eingewanderte Pflanze?

Die Balsaminen (Indisches Springkraut) sind, aus dem Himalaya stammend, vor rund 150 Jahren bei uns eingewandert. Sie haben sich, wie viele andere Pflanzen auch, bei uns verbreitet und schmücken nun im Spätsommer und Herbst bisher meist unbeachtete Straßenböschungen, schattige „Löcher“ und Bachufer.

Sie sind ein wahres Paradies für Bienen und andere Insekten. Unsere oft ausgeräumte Landschaft macht es den Bienen schwer, im Spätsommer und Herbst genügend Pollen (Eiweiß) und Nektar zu finden. Die Bienen können bei Pollenmangel den Winter nicht überstehen, der Imker hat für Pollen keinen Ersatz zu bieten. Jedes Bienenvolk braucht ca. 40 kg Pollen pro Jahr. Welch ein Segen ist da um diese Jahreszeit das Indische Springkraut, die Balsaminen. Nicht nur den köstlichen Honig verdanken wir den Bienen, vor allem ihre Bestäubungsleistung an Kultur- und Wildpflanzen ist ein unermesslicher Dienst an der Natur. Die dadurch reifenden Samen und Früchte sind wiederum Lebensgrundlage für Pflanzen, Vögel und andere Tiere. Somit verdrängt das Springkraut nicht nur andere Pflanzen, sondern trägt auch dazu bei, dass die Vielfalt in unsere Natur erhalten bleibt. Die Bekämpfung der Balsaminen ist deshalb auch unter Biologen umstritten.

Zur Zeit aber schwappt eine Welle der Feindschaft gegen diese schöne Pflanze über uns. Eine Art Modehass wird in Zeitungen und Zeitschriften geschürt. Auch der Schwarzwaldverein hat sich z.T. davon anstecken lassen. Die meisten Menschen sind so weit weg von den Geschehnissen in der Natur, dass sie sich nicht selbst durch eigene Beobachtungen ein Urteil bilden. Vieles wird ungeprüft und undifferenziert übernommen. Immer mehr Wanderer trifft man, die meinen, etwas Gutes zu tun, wenn sie bei ihren Wanderungen Balsaminen ausreißen. Darüber, das Zerstören der Pflanzen als „attraktiv“ und „neuen Sommersport“ zu bezeichnen, kann man nur den Kopf schütteln.

Es gibt nur wenige Flächen, wo es Sinn macht, das Springkraut zu bekämpfen (z.B. in der immer wieder genannten Wutachschlucht). Aber diese apokalyptische Darstellung, das Springkraut würde die Artenvielfalt im Schwarzwald bedrohen, ist grotesk und völlig überzogen! Denn überall in unserer Kulturlandschaft, wo gemäht oder beweidet wird – auch in Naturschutzgebieten – hat das Springkraut keine Chance, sich zu verbreiten, da es einjährig ist, sich jedes Jahr neu aussamen muss und von Weidetieren gefressen wird. (Ich selbst mähe im Auftrag der Naturschutzbehörde zwei Naturschutzgebiete und habe einen kleinen Berghof im Schwarzwald.) Durch meine jahrelange Beobachtung kenne ich inzwischen sogar viele Stellen, wo das Springkraut ohne Zutun weg bleibt oder immer weniger wird. Meist stellen die Balsaminen eine Bereicherung der Pflanzenwelt dar, nicht eine Verarmung.

Ich ermuntere Sie, sich selbst ein Urteil zu bilden! Beobachten Sie, wo Balsaminenbestände sind: Verdrängen sie dort wirklich wertvolle andere Pflanzen? Was wächst daneben? Sind die Alternativen nicht meist Pflanzen, die nicht in ihrer Existenz bedroht sind, wie Brennnesseln, Brombeerdornen und Farn? Beobachten Sie an einem frühen Spätsommermorgen das Paradies für Bienen und Co.!

Suchen wir Feinde in der Natur oder sollten wir uns nicht lieber auf die Schönheiten konzentrieren? Dürfen wir uns anmaßen, so im Vorbeigehen auf fremdem Eigentum Pflanzen auszureißen? Sollten wir auch nicht heimische Fichten und Douglasien ausreißen, die in viel größerem Ausmaß heimische Pflanzen verdrängen? Oder warum das eine und das andere nicht? – Täten wir uns und unseren Kindern nicht viel mehr Gutes, mit ihnen gemeinsam zu beobachten, welche Insekten die Blüten besuchen, wie vom Pollen weiß bepudert sie herauskommen, ihren interessanten Bestäubungsmechanismus und das Springen der Samen miteinander zu bestaunen?

Als Imker und langjähriges Schwarzwaldvereinsmitglied rate ich dringend dazu an, als Naturfreunde etwas kritischer und vor allem differenzierter zu urteilen. Es sind sicher nur wenige Plätze, wo diese so nützliche und wunderschöne Pflanze schadet. Halten wir sie dort in Zaum und freuen wir uns sonst mit Bienen und Insekten an der lila Blütenpracht. Das ist Naturschutz mit Herz!

Alfred Dold, Eschbach, per E-Mail am 18. August 2020

2 Kommentare zu “Leserzuschrift, Ausgabe 3/2020

  1. Fundiert und mit Sachverstand argumentiert !+ ein + für dass Verständniss in Sachen Natur / Sachverhalt , bei dieser Pflanze (Balsamine / Springkraut ) spielt Zeit und Wetter im Verhältniss zu den Nährstoffen eine sehr Entscheidene Rolle , zumindest bei Standorten Trocken / Feucht findet eine jährliche Auslese statt, entweder, ein wenig bis gar nichts an Pflanzen wenn es trocken ist / oder Massenhaft bei feuchtem Boden, auch bei Nährsoffmangel dürfte
    die Pflanze eine eigenwillige Pause einlegen…. Ein Selbstständiges Pflänzchen mit der Eigenschaft Möglichkeiten zu Nutzen, denke nicht daß dieses Kraut
    einen Schaden / Nutzen Faktor über 1/1 hat

    1. Ich habe beobachtet und was ich sehe ist, dass es nach Abholzung zu einer invasiven Ausbreitung des Springkrautes bis weit in den Wald hinein kam. Dort wo einst sich Moos ausbreitete sind Springkraut im Verbund mit Brombeeren. Moos hat keine oder nur wenig Chance auf der Fläche. Auch Brennnessel wachsen nur vereinzelt. Es mag sicher eine Narungsergänzung für Bienen sein, doch sehe ich das Fruchtwasser hinsichtlich der krankheitstoleranz der Bienen eher kritisch.
      Der Rohverzehr der Samen ist nicht mit denen von Nüssen zu vergleichen. Im Rohzustand verzehrt, kann es zu Übelkeit führen. Auch das würde von mir getestet.
      Die Wurzeln können den Boden, gerade an Fließgewässern nicht vor Erosion schützen. Breiten sich jedoch großflächig aus und ja, ich habe es beobachtet wie einheimische Pflanzen auf diesen Flächen zurückgedrängt wurden, einschließlich der Brennnessel.

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