Leserzuschrift Ausgabe 3/2020

RADFAHREN – Gemeinsam Natur erleben

Zum Schwerpunktthema Rad:

Die in der Ausgabe der Vereinszeitschrift 3-2020 dargelegte Position zum Radfahren hat mich sehr verärgert. Ich habe sehr ernsthaft über einen Austritt aus dem Schwarzwaldverein nachgedacht, dem ich seit einigen Jahren als Fördermitglied angehöre.
Ich habe den Schwarzwaldverein bisher als Verein wahrgenommen, der das Wandern und den Schutz der einmaligen Natur- und Kulturlandschaft des Schwarzwaldes in den Mittelpunkt stellt und dessen Arbeit ich sehr schätze.

In der von mir genannten Ausgabe der (ansonsten gern gelesenen) Vereinszeitschrift wird die Position bezogen, dass der Verein für Radfahrer geöffnet werden müsse. Begründet wird dies mit gemeinsamen Interessen der beiden Gruppen einerseits, der Zukunftsfähigkeit des Schwarzwaldvereins, der sich nicht nur auf das Wandern berufen dürfe, andererseits.

Beiden Argumenten möchte ich vehement widersprechen.

Ich persönlich kann wenig gemeinsame Interessen erkennen. Als Wandrerin genieße ich es, mit Muße in meinem ruhigen Tempo zu laufen, auch einmal mitten auf dem Weg stehenzubleiben, um in den Himmel zu schauen, eine Blume zu bewundern – die Natur zu genießen. Radfahrern, vor geht es um Tempo, um Kilometer, um Leistung, um Sport – nicht um Muße. Da bleibt oft genug nicht einmal die Zeit für einen Gruß.
Vor allem Mountainbiker sind meiner Meinung nach eine Zielgruppe, die tendenziell eher auf Individualismus als auf Gemeinschaft abhebt und sich nicht in großer Zahl für das Vereinsleben gewinnen lassen wird.

Die von Ihnen vielbeschworene „gegenseitige Rücksichtnahme“ der beiden Gruppen geht meiner Ansicht nach von einer falschen Grundannahme aus: der von gleichen Machtverhältnissen. Diese ist falsch: Kommt mir ein Radfahrer auf einem engen Waldweg entgegen, erwartet er so gut wie immer, dass ich ihm ausweiche – tue oder will ich das nicht, habe ich als „schwächerer Verkehrsteilnehmer“ schlechte Karten. Und das weiß ein (rücksichtsloser) Radler auch ganz genau! In der Konsequenz habe ich mich oft genug nur mit einem beherzten Sprung in den Graben in Sicherheit
gebracht.

Ich fahre selbst sehr gerne Fahrrad – aber auf breiten Wegen und rücksichtsvoll – wie viele andere Straßenradler auch. Dazu gehört es für mich auch, dass ich langsam an Fußgänger heranfahre und bei älteren Menschen auch einmal absteige und um sie herumlaufe, statt sie zur Seite zu klingeln. 

Vor allem jetzt in der Corona-Zeit bin ich auf schmalsten, nur 2 – 3 Fuß breiten Waldwegen von Mountainbikern erschreckt worden, die selbstverständlich erwartet haben, dass ich ihnen Platz mache und die mit ihren zum Teil überbreiten Reifen tiefe Rillen in die Wege geschlagen und zur Erosion hangseitiger Wege beigetragen haben. Dieser Trend wird durch E-Bikes noch verstärkt.

Kurz: Die Zukunftsfähigkeit des Schwarzwaldvereins sehe ich nicht in der Anbiederung an Radfahrer, schon gar nicht an die Mountainbiker, die laut Ihren Angaben (vgl. S. 6) sowieso nur eine relativ kleine Gruppe ausmacht und meiner Ansicht nach definitiv andere Interessen hat als Wanderer. Sondern in der Schärfung des Profils als Wander- und Naturschutzverein, der z. B. mit Klimaschutzaktionen auch jüngere Mitglieder gewinnen könnte. 

Noch etwas: Ich bin 46 Jahre alt und will eigentlich auch noch als Seniorin dem Schwarzwaldverein angehören.

Sehr kritisch sehe ich auch den vom „Baiersbronn Tourismus“ herausgegebenen Text auf S. 10 f., der für das Radfahren in Baiersbronn wirbt. Dieser Artikel wurde nicht explizit als (hoffentlich wenigstens gut bezahlte) Werbung gekennzeichnet, sondern wirkt in der redaktionellen Aufmachung wie ein Eigenbeitrag des Schwarzwaldvereins. Wird der Schwarzwaldverein jetzt von Tourismusverbänden gekapert?

E. Baum, Tübingen, Fördermitglied im Schwarzwaldverein, 14.5.2021

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