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Der Giersch

Diesmal stelle ich eine ganz gewöhnliche Pflanze vor, die man beinahe an jedem Wegrand oder Feldrain, zumeist in “Menschennähe“ antreffen kann: den Giersch. In diesen Wochen blüht der auffällige Doldenblütler. Er tritt nie als einzelne Pflanze auf, sondern immer in Herden, die ihren Blütenflor gemeinsam entfalten. Der Giersch kriecht mit unterirdischen Ausläufern, die sich in der Erde oft überkreuzen und ein dichtes Geflecht ergeben, durch die oberste Bodenschicht. So entstehen die flächigen Bestände. Die bleiche, unterirdische Grundachse treibt nach unten Wurzeln, mit denen sich die Pflanze verankert und Wasser und Nährstoffe aus dem Boden bezieht, und nach oben streckt sie die grünen Blätter und Stängel ins Freie.

Die hübsche, weiß blühende Dolde ist eine dichte Ansammlung vieler Blütchen. Genau betrachtet besteht die Giersch-Dolde aus vielen Döldchen, die sich wiederum aus zierlichen Blütchen zusammensetzen und für Kleininsekten wie Käfer, Wildbienen und Fliegen einen attraktiven, duftenden Blumenteppich bilden.

Meist findet man den Giersch an schattigen Plätzen, weil er lockeren, feuchten und gut mit Nährstoffen versorgten Boden bevorzugt – darum profitiert er auch von der Nähe zum Menschen, der solche Plätze zuhauf schafft: Wegränder, Gebüschsäume, Ackerraine, schattige Mauerstellen, vernachlässigte Komposthaufen und Gartenbeete, wo er ein fast unausrottbares „Unkraut“ ist. Dort wächst er gern mit Brennnessel und Quecke, die auch unterirdisch kriechen und sich gegenseitig die üppig vorhandenen Nährstoffe streitig machen. Oft bildet er unter Obstbäumen, meist nur unter dem Kronentrauf, große Teppiche, was ihm im Badischen den Namen Baumtropfen eingetragen hat.

Überhaupt hat er viele Namen. Seine Blattform soll an Ziegenfüße erinnern (so die Übersetzung seines wissenschaftlichen, griechischen Namens Aegopodium), drum im Deutschen auch die Namen Geißfuß oder Geißetritt. Er heißt auch Zipperleinskraut, weil man früher der Überzeugung war, er hülfe gegen Gicht (s. den zweiten Teil des wissenschaftlichen Namens: Ae. podagraria für podagra = Gicht). Eine wirksame Substanz hat man in der Pflanze allerdings nicht entdeckt. In Verwechslung der Blätter und Dolden mit dem Holunder wird er auch Ackerholler genannt.

Die Bekämpfung des Gierschs im Garten ist eine Daueraufgabe. Früher nutzte man das Kraut und aß es: die frisch ausgetriebenen Blätter kann man als Gemüse kochen, doch wirklich nahr- und schmackhaft sind die leicht kümmelartig duftenden Blätter eigentlich nicht. Auch das Vieh meidet den Giersch und verschmäht ihn nach Möglichkeit beim Fressen.

Peter Lutz
Referent  Naturschutz

Peter Lutz, Referent für Naturschutz beim Schwarzwaldverein, kennt sich aus mit der Botanik im Schwarzwald und stellt in unregelmäßigen Abständen Bemerkenswertes und Alltägliches aus der heimatlichen Pflanzenwelt vor.

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